Steht der Einsatz von Verbrennungstechnologien in der Autobranche tatsächlich vor dem Aus? Eine Bestandsaufnahme

Umweltverbände plädieren seit Jahren für einen Stopp des Baus von Benzin- und Dieselfahrzeugen. Die Umweltorganisation Greenpeace beispielsweise fordert ein europaweites Verbot für alle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren bis zum Jahr 2040. Mittlerweile mehren sich die Anzeichen, dass viele Autobauer bereits darüber nachdenken, solche Pläne in die Tat umzusetzen.

Gibt es schon bald kein Auto mit Verbrennungsmotor mehr?

Der Autobauer Ford kündigte für seinen Standort in Köln die Umgestaltung auf die Produktion elektrischer Fahrzeuge an. Ab dem Jahr 2030 will das Unternehmen in Europa nur noch elektrische PKW anbieten. Zusätzlich steht die Abschaffung von Verbrennungsmotoren auch bei Jaguar Land Rover an. Damit scheint eine Ausstiegswelle in Gang gesetzt worden zu sein.

Weitere Pläne in diese Richtung liegen demnach auch bei General Motors vor. Bis 2035 soll dort auf elektrische Fahrzeuge umgestiegen werden. Mercedes will zumindest ab 2039 nur noch PKW ohne Emissionsausstoß produzieren. Unternehmenstochter Smart hat diesen Wandel bereits vollzogen. Darüber hinaus treibt Branchenführer Volkswagen (VW) eine als „E-Offensive” betitelte neue Strategie stetig voran. Laut des Konzerns wurde die Auslieferung elektrischer Fahrzeuge im Jahr 2020 gegenüber 2019 fast verdreifacht. Auch bei Plug-In-Hybriden nahm der Umsatz deutlich zu.

Auf ein garantiertes Ende von Verbrennungsmotoren will sich VW zwar nicht festlegen, beim Tochterunternehmen Bentley hingegen wurde das Ende bereits auf das Jahr 2030 datiert. Jetzt schon den sicheren Tod des Verbrennungsmotors zu verkünden, wäre trotzdem etwas verfrüht. Zumindest in Europa ist es aber definitiv der Anfang vom Ende der Benzin- und Dieseltechnologie.

Angekündigte Verkaufsverbote zwingen Autobauer zum Umdenken

Dieser Sinneswandel wurde nicht nur durch das Aufkommen verschiedener Skandale und durch den stärkeren Wunsch nach alternativen Technologien bei Konsumenten eingeleitet. Vielmehr werden Autobauer durch neue politische Maßnahmen in vielen europäischen Ländern zum Umdenken gezwungen.

In Großbritannien sollen ab 2030 keine Neuwagen mit Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden. Die Regierungen in Frankreich und Spanien verkündeten ähnliche Pläne. Dort soll ab 2040 Schluss sein mit Benzinern und Dieselautos. Auch in Ländern wie Dänemark, den Niederlanden, Irland und Israel sind solche Gesetzesvorhaben in der Mache. Selbst die USA befinden sich auf diesem Weg. Unter anderem das Unternehmen Tesla in Kalifornien steht für den Umstieg auf Elektroautos.

Die demokratisch geführte Regierung unter US-Präsident Joe Biden steht dem Aus des Verbrennungsmotors ebenfalls positiv gegenüber. Sie plant, alle amerikanischen Bundesfahrzeuge durch elektrische Fahrzeuge zu ersetzen. In Deutschland ließ sich die jetzige Bundesregierung bisher zwar nur zu 2050 als Deadline für Verbrennungsmotoren überzeugen. Dies könnte sich nach der anstehenden Bundestagswahl im Jahr 2021 jedoch durchaus noch ändern.

Euro-7-Abgasnorm erhöht den Druck auf Autobauer

Die europäische Union regelt die maximal zulässigen Werte für den Ausstoß von Schadstoffen und Abgasen durch Fahrzeuge mit einer eigenen Abgasnorm. Die Euro-6-Abgasnorm ist die aktuellste Version. Doch die nächste Stufe 7 der Abgasnorm ist bereits in Arbeit.

Bis Ende 2021 soll ein Gesetzesvorschlag auf dem Tisch liegen. Endgültig in Kraft treten wird die Euro-7-Abgasnorm voraussichtlich zwar nicht vor 2025. Da dieses Datum aber vor den genannten Stichtagen liegt, könnten Autobauer unabhängig von ländereigenen Verkaufsboten schon früher zur Abkehr von Verbrennungsmotoren gezwungen sein.

Welche genauen Werte mit der Euro-7-Abgasnorm verlangt werden könnten, ist noch unklar. Doch es ist abzusehen, dass Autobauer mit hohen Kosten allein für technischen Aufwand rechnen müssen, wenn noch niedrigere Limits eingehalten werden müssen, als die Euro-6-Abgasnorm bereits vorschreibt. Es ist anzunehmen, dass durch eine weitere Verschärfung der Abgasnormen ein Punkt erreicht wird, an dem es für Autobauer wirtschaftlich gesehen ganz einfach keinen Sinn mehr macht, an Verbrennungstechnologien festzuhalten.

Der gesamte Prozess, einen Neuwagen mit Verbrennungsmotor für die Zulassung unter solchen Bedingungen zu entwickeln und zu bauen, erfordert ein hohes Investment von der Idee bis zur Auslieferung. Bei elektrischen Fahrzeugen entfallen diese Sorgen dagegen vollständig, da sie nicht einmal in die Nähe von Schadstoffgrenzen kommen und ihre Zulassung fast global sicher ist.

Bestehende Grenzwerte zumindest in Europa nur mit mehr Elektroautos erreichbar

Schon jetzt sind CO2-Grenzwerte europaweit so gestaltet, dass Autohersteller die Vorgaben nur dann erfüllen können, wenn der Anteil produzierter und ausgelieferter Elektrofahrzeuge deutlich steigt. Das komplette Aus für Verbrennungsmotoren in naher Zukunft ist weltweit gesehen jedoch nicht so sicher.

In der europäischen Union, den USA und selbst China hat die letzte Stunde für Benzin- und Dieseltechnologien definitiv geschlagen. Außerhalb dieser Regionen könnte ein Wechsel aber erst deutlich später anstehen. Der japanische Fahrzeugbauer Toyota zum Beispiel will bis 2050 verstärkt auf Hybridfahrzeuge setzen. Eine völlige Abkehr von Verbrennungstechnologien ist beim weltweit größten Autohersteller zur Zeit also nicht in Sicht. Hyundai plant ebenfalls damit, Benziner noch eine Weile zu produzieren, wenngleich auch dort mit einem Anstieg des Elektroanteils in den nächsten 10 Jahren zu rechnen ist.

Auch bei Stellantis, dem Automobilkonzern, der jüngst durch die Fusion der Groupe PSA und Fiat Chrysler entstand, gibt es noch keine klaren Ansagen, vollständig auf Elektromobilität umsteigen zu wollen. Zum Konzern gehören auch Marken wie Opel und Peugeot. Besonders Länder in Osteuropa und Afrika lassen mit schärferen Gesetzen zur Schadstoff- und Abgasregulierung auf sich warten und bieten so langfristig Absatzmärkte für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren.